Demo

Dienstag, 20.10.2009

Jeden Tag, wenn ich zur Uni gehe, führt mich mein Weg vorbei an einer kleinen aber lauten Gruppe Demonstranten, die sich genau vor dem Haupteingang der Universität postiert haben. Ob es stürmt oder regnet sie sind immer da und verteilen unermüdlich Flyer und Broschüren. Auf Grund akustischer und sprachlicher Probleme wusste bis jetzt niemand warum genau diese Leute dort stehen und warum sie protestieren. Japanische Studenten gaben sich unfähig eine anständige Erklärung zu den Vorgängen abzugeben. Wann immer wir nach den Demonstranten vor den Hallen ihrer Bildungseinrichtung fragten, bekamen wir rumdrucksende, wirre Erklärungen hauptsächlich mit dem Nachsatz, "Das sei so furchtbar schwer zu erklären."

Normaler Weise stehen vielleicht 2 bis 4 Demonstranten vor der Tür, aber letzte Woche wurden wir Zeugen einer größeren Demonstration. 30 bis 50 Leute, unterschiedlichen Alters, versammelten sich vor den Türen der Universität.  Die sonst so freundlichen Sicherheitsleute begrüßten uns an dem Tag mit angespannten Gesichtern. Und dass man diese paar Demonstranten durchaus ernst nahm verriet uns letztendlich das riesige Aufgebot an Polizisten. Doppelt so viele Polizisten wie Demonstranten und dazu noch einmal 30 oder 40 Männer in Anzügen versuchten diese zurückzudrängen. Das Schauspiel blieb die erste Stunde ereignislos, aber auf einmal konnten wir lautes Schreien aus dem Hof vernehmen. Die Demonstranten wurden gewalttätig und die die Männer in den schwarzen Anzügen versuchten die Demonstranten mit blauen Laubplanen einzufangen und möglichst ohne Problem in die Polizeiwagen zu treiben.

Total verwirrt von dem grade gesehenen, verlangten wir nach Aufklärung, über das Geschehene. Und endlich hatte jemand die Güte (oder den Mut) uns aufzuklären. In Japan scheint man ziemlich allergisch auf jegliche, kommunistische Bewegung zu reagieren, deswegen auch die Männer in den schwarzen Anzügen, die waren nämlich von etwas ähnlichem wie der Homlandsecurity. Jedenfalls ist man in den letzten Jahren wohl ziemlich radikal gegen die Studenten und ihre Befürworter, die eine kommunistische Revolution in Japan fordern, vorgegangen. In allen großen Universitäten wurde die Bewegung nach und nach von dem Camus verbannt, bis nur noch unsere Universität, die Hosei, übrig blieb. Hier haben sich die Studenten und alle anderen verjagten Mitglieder der kommunistischen Revolution in einem baufälligen Gebäude auf dem Iidabashi Campus aufgehalten. Von dort aus wurden Seminare organisiert und Flyeraktionen vorbereitet um mehr Studenten davon zu überzeugen sich ihnen anzuschließen. Für diese Aktivitäten  wurden wohl einige Studenten verhaftet und von Gericht zu längeren Gefängnisstrafen verurteilt. Im letzten Jahr hat die Hosei ebenfalls versucht sich des Problems zu entledigen und zwar in dem man einfach das alte Gebäude abriss und gleichzeitig kommunistische Aktivitäten auf dem Campus untersagte. Jetzt stehen jeden Tag Demonstranten vor der Tür, die versuchen ihr Recht auf einen Platz auf dem Campus einzuklagen, sowie die inhaftierten Mitstreiter frei zu bekommen.